Verleihung des Sparkassen-Umwelt-Preises 2021
Am 4. Juli 2022 konnte der Sparkassen-Umwelt-Preis endlich wieder in gewohnt großer Runde im Rahmen der Jahrestagung des KIT-Zentrums Klima und Umwelt verliehen werden, diesmal jedoch nicht auf dem KIT-Campus sondern im TRIANGEL Open Space des KIT.
Ausgezeichnet wurden die Masterarbeiten von Alexander Böhmländer und Daniel Wiswesser sowie die Dissertationen von Dr. Hannah Kirsch und Dr. Jannik Wilhelm.
Wir bedanken uns bei der Umweltstiftung der Sparkasse Karlsruhe für die Stiftung des Preises und gratulieren allen Preisträgerinnen und Preisträgern ganz herzlich.
Nach den Grußworten des KIT-Vizepräsidenten für Forschung Prof. Oliver Kraft und Lutz Boden, Vorstandsmitglied der Sparkasse Karlsruhe, erfolgte die Preisverleihung des Sparkassen-Umwelt-Preises. Auch die diesjährigen Absolventinnen und Absolventen der Graduiertenschule GRACE des KIT-Zentrums Klima und Umwelt bekamen feierlich ihre Zertifikate überreicht.
Aktuelles aus dem KIT-Zentrum Klima und Umwelt berichtete der Wissenschaftlicher Sprecher des KIT-Zentrums Klima und Umwelt Prof. Christoph Hilgers. Prof. Caroline Kramer begeisterte mit Ihrem Festvortag Raum – Zeit – Stadt.
Im Anschluss wurde bei einem kleinen Imbiss angeregt über die spannenden Vorträge des Abends gesprochen und diskutiert.
Das KIT-Zentrum Klima und Umwelt bedankt sich bei allen Beteiligten für die Durchführung der Veranstaltung.
Alexander Böhmländer - Masterarbeit (IMK-AAF)
Eine neue Aerosol-Nutzlast für unbemannte Luftfahrzeuge: Design und erste Anwendung zur Messung von Eiskeimen
Wolken spielen eine entscheidende Rolle für das Klima der Erde. Sie sind nicht nur die Quelle allen Niederschlags, sondern regulieren auch die Temperatur durch die Reflektion von Strahlung. Diese Eigenschaften sind abhängig unter anderem von der Phase der Wolke, sprich ob die Wolke aus Tröpfchen, Eiskristallen oder beidem (Mischphasenwolke) besteht. Der Phasenübergang von Wolkentröpfchen zu Eiskristallen kann entweder homogen oder heterogen ablaufen. Homogenes Gefrieren ist erst ab etwa -38 °C möglich bei den kleinen Wasserströpfchen in der Wolke, dementsprechend kann eine Wolke bis zu dieser Temperatur aus flüssigen Wassertröpfchen bestehen. Heterogenes Gefrieren ist nur möglich, wenn sogenannte Eiskeime, ein kleiner Teil aller Aerosole in der Atmosphäre, vorhanden sind, welche den Phasenübergang von Wasser zu Eis auslösen.
Diese Eiskeime haben somit eine große Bedeutung in der Mikrophysik der Wolken und stellen eine der größten Unsicherheitsquellen in der Modellierung der Eisphase in Wolken- und Klimaprozessen dar. Um die Realität mit Modellen besser beschreiben zu können, sind sowohl zeitlich als auch vertikal und horizontal aufgelöste Messungen von Eiskeimen vonnöten.
In meiner Masterarbeit habe ich einen neuen Aerosolsammler entwickelt für den Einsatz in zwei Messkampagnen in Nord-Finnland. Der Sammler wiegt weniger als 800 g und kann damit auf kleineren Drohnen eingesetzt werden, um Aerosole in verschiedenen Schichten der Atmosphäre zu messen. In diesem Rahmen wurde nicht nur ein neuer mobiler Aerosolsammler für Drohnen entwickelt, sondern auch für bodengebundene Messungen in entlegenen Regionen. Der Aerosolsammler besteht aus einer Pumpe, Batterien, einem Filterhalter und dem dazugehörigen Filter und zusätzlich aus einem Flussmesser mit zugehörigem Mikroprozessor. Durch den erstmaligen Einsatz eines Flussmessers bei den Messungen von Eiskeim-Konzentrationen auf einer Drohne, kann anschließend das gesammelte Volumen exakt bestimmt werden, ohne dass Druckdifferenzen durch die unterschiedlichen Flughöhen einen Einfluss zeigen. Durch die Kombination von Drohne und mobilen Aerosolsammler können nun Eiskeim-Konzentrationen unabhängig von sonstigen Messstationen gemessen werden. Der gesamte Aufbau ist leicht zu transportieren, ist äußerst flexibel einsetzbar und kann somit eine Brücke schlagen zwischen bodengebundenen Messungen und der Mikrophysik der Wolken, wie sie in Modellen berücksichtigt wird.
Daniel Wiswesser - Masterarbeit (FBV -Abteilung Financial Engineering und Derivate)
Messung der europäischen CO2-politischen Unsicherheit und ihre Auswirkung auf die Finanzmärkte
Die europäische CO2-Politik stellt mit ihren Maßnahmen eines der zentralen Rahmenwerke zur Bekämpfung des Klimawandels in Europa dar. Politische Regularien beeinflussen dabei zahlreiche Stakeholder, wie zum Beispiel den Staat selbst, Unternehmen oder Privatpersonen.
In der Arbeit untersuchen wir die Auswirkungen von öffentlicher Unsicherheit bezüglich der europäischen CO2-Politik, im folgenden ECPU genannt. Wir folgen dabei der Annahme, dass diese Form von Unsicherheit einen zunehmend relevanten Einfluss auf die europäischen Märkte hat, der bisher noch kaum untersucht ist. Um ECPU zu quantifizieren, entwickeln wir ein Messverfahren basierend auf einer Klassifizierung von Zeitungsartikeln mithilfe von state-of-the-art Machine Learning Algorithmen. Es zeigt sich, dass sich der erstellte ECPU-Index sehr gut eignet, um die öffentliche Unsicherheit bezüglich der europäischen CO2-Politik zu repräsentieren.
Dass ECPU auf den Märkten einen relevanten Faktor für die oben beschriebenen Stakeholder darstellt, wird im weiteren Verlauf der Arbeit empirisch gezeigt. Wir nehmen dabei an, dass das Verhalten von Investoren auf Finanzmärkten unter anderem auch von ihrer Erwartungshaltung und Unsicherheit bezüglich der CO2-Politik beeinflusst wird. Unsere Studie zeigt, dass insbesondere kurzfristige ECPU-Veränderungen mit Preisschwankungen der EU Emissionszertifikate korrelieren. Des Weiteren deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass ein das ECPU-Risiko tatsächlich über ein breites Spektrum betrachteter Finanzmarktinstrumente von Investoren wahrgenommen und mit entsprechend mit einer signifikanten Risikoprämie vergütet wird.
Zusammengefasst sind wir in der Lage, einen neuartigen Index für die öffentliche Unsicherheit bezüglich der europäischen CO2-Politik zu erstellen. Darüber hinaus zeigen wir, dass dieser Index und folglich die dadurch gemessene Unsicherheit einen relevanten Faktor auf den europäischen Finanzmärkten darstellt. Die Ergebnisse ermöglichen allen Stakeholdern der europäischen CO2-Politik ein besseres Verständnis der Auswirkungen von CO2-politischer Unsicherheit. Wir zeigen dadurch das Potential auf, die Klimapolitik und die öffentliche Wahrnehmung diesbezüglich zu optimieren und die weitreichenden Folgen präzise zu steuern
Hannah Kirsch – Dissertation (IMVT)
Dezentrale Synthese strombasierter flüssiger Kraftstoffe über die Fischer-Tropsch Route
Synthetische flüssige Kraftstoffe können zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors und damit zum Erreichen der Energiewende beitragen. Flüssige Kraftstoffe sind gegenüber alternativen Mobilitätskonzepten wie Elektro- oder Wasserstoffantrieb, insbesondere aufgrund ihren hohen volumetrischen Energiedichten, für einen nachhaltigen Schwerlast-, Schiffs- und Flugverkehr interessant, welche auf große Reichweiten angewiesen sind. Die Herstellung synthetischer flüssiger Kraftstoffe erfolgt durch sogenannte Power-to-Liquid (PtL)-Prozesse, die unter Verwendung von erneuerbarer elektrischer Energie, Kohlenstoffdioxid und Wasser in flüssige Kraftstoffe umwandeln. Das heißt, das CO2, das bei der Verbrennung des Kraftstoffes freigesetzt wird, wird zuvor für die Herstellung eingesetzt. Da bei der Herstellung der Kraftstoffe regenerativer Strom zum Einsatz kommt, werden diese Kraftstoffe auch als strombasiert bezeichnet. Meine Dissertation fokussiert sich auf den Prozessschritt der eigentlichen Kraftstoffsynthese über die Route der Fischer-Tropsch Synthese in Kombination mit Hydrocracken. Vor allem aufgrund der lokalen Verfügbarkeit und Volatilität von Strom aus erneuerbaren Energiequellen werden für PtL-Prozesse kleinskalige modulare containerbasierte Anlagen an begünstigten Standorten in einer dezentralen Produktionsstruktur diskutiert, was besondere Anforderungen an den Prozess stellt. Meine Arbeit leistet durch experimentelle Untersuchungen in Kombination mit mathematischer Modellierung und Prozesssimulation einen Beitrag, konkrete Fragestellungen bezüglich der praktischen und wirtschaftlichen Anwendung von PtL-Anlagen zu klären und zeigt optimale Prozessdesigns auf.
Jannik Wilhelm – Dissertation (IMK-TRO)
Einfluss atmosphärischer Umgebungsbedingungen auf den Lebenszyklus konvektiver Zellen in der Echtzeitvorhersage
Die Vorhersage von Gewittern und die Warnung vor ihren Begleiterscheinungen wie Starkregen, Hagel, Starkwindböen oder Tornados stellen zentrale und herausfordernde Aufgaben für nationale Wetterdienste wie den Deutschen Wetterdienst (DWD) dar. Starke Gewitter als Folge von hochreichender Konvektion in der Atmosphäre haben vielfältige Auswirkungen auf den Menschen und seine Umwelt: Neben der direkten Lebensgefahr, die z.B. von Sturzfluten, umstürzenden Bäumen oder Blitzschlag ausgeht, führen konvektive Ereignisse durch die Beschädigung von Infrastrukturen, Gebäuden, Fahrzeugen oder landwirtschaftlichen Gütern regelmäßig zu hohen jährlichen Schadensummen – in Deutschland bis in den Milliardenbereich.
Die Fähigkeit der komplexen numerischen Vorhersagemodelle der Wetterdienste, die in der Atmosphäre ablaufenden und hochgradig nicht-linearen konvektiven Prozesse und deren vielfältige Wechselwirkungen abzubilden, ist limitiert. Insbesondere in der Vorhersage der Gewitterentstehung und der Abschätzung ihrer Entwicklung (Lebenszyklus) bestehen hier große Unsicherheiten. Der DWD strebt daher zur Präzisierung seiner Echtzeit-Gewitterwarnungen ein integriertes Vorhersagesystem an, in dem Modellvor-hersagen mit aktuellen Beobachtungsdaten wie beispielsweise von Niederschlagsradaren, Satellitensensoren und damit verknüpften Verfahren (z.B. Gewitter-Detektionsalgorithmen) kombiniert werden sollen.
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) finanzierten Promotionsprojekts am IMK, das in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich „Forschung und Entwicklung“ des DWD durchgeführt wurde, wurden Methoden zur Abschätzung des Lebenszyklus von Gewittern basierend auf einer solchen Kombination von Modellvorhersagen und Beobachtungsdaten entwickelt. Verschiedene multivariate Verfahren aus dem Bereich der Statistik und des Maschinellen Lernens (z.B. Clusterverfahren, nicht-lineare Regressionsmethoden, Random Forest) ermöglichten eine differenzierte Beurteilung der Potentiale und Grenzen, welche für die Echtzeit-Vorhersage der Lebensdauer, der Größe und der Intensität von Gewittern bestehen. Aus dem Vergleich einiger Vorhersageverfahren konnten Empfehlungen für die methodische Umsetzung der Erkenntnisse im Warnprozess (z.B. Art der Daten-aufbereitung, Anwendung eines probabilistischen Ensemble-Ansatzes) ausgesprochen werden. Darüber hinaus wurde erläutert, welche meteorologischen Einflussgrößen in der Statistik eine bedeutende Rolle spielen und in einer möglichen Anwendung von den Wetterdiensten berücksichtigt werden sollten.
Die in der Dissertation dargestellten Ergebnisse können helfen, das Gefahrenpotential von Gewittern frühzeitig besser einzuschätzen und Gewitterwarnungen räumlich und zeitlich zu präzisieren. Dadurch können zukünftig gezieltere Schutzmaßnahmen von Privatleuten oder Einrichtungen des Katastrophen-schutzes getroffen werden. Wie die zahlreichen Überschwemmungen der letzten Wochen gezeigt haben, besteht hier noch immer ein erhebliches Defizit. Zurzeit werden die gewonnenen Erkenntnisse in ein Verfahren zur Echtzeit-Vorhersage von Gewittern als Teil des integrierten Vorhersagesystems des DWD ein-gearbeitet. Die während der Promotion erarbeiteten Methoden bieten außerdem die Grundlage für weitere Untersuchungen mit meteorologischen Daten aus neuartigen Gewitter-Detektionsalgorithmen, die in Zukunft mehr Detailinformationen über den beobachteten Aufbau der Gewitter bereitstellen werden.
Überreichung der GRACE-Zertifikate an die Absolventinnen und Absolventen der Graduiertenschule